Samstag, 31. Dezember 2011

Gewonnen!?

Am letzten Tag des Jahres der Freiwilligentätigkeit stellt sich die Frage: Konnten wir die Aufmerksamkeit nutzen? Und wer hat tatsächlich vom Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeit 2011 profitiert? Neben kritischen Stimmen „Es wäre noch viel mehr möglich gewesen!“ und den üblichen Raunzern wie „Alles nur Gerede, es ändert sich nichts!“ lässt sich schon erkennen, in welchen Bereichen das „Ehrenamt“ zulegen konnte – und in den nächsten Jahren zulegen wird, denn der Nachhall Europäischer Jahre zeigt sich erfahrungsgemäß in einer langfristigen Perspektive.
Aus dem Sportbereich zum Beispiel berichten viele Organisationen über positive Signale, sie konnten das verstärkte Interesse medial gut umsetzen. Auch Gemeinden zählen zu den Gewinnern, denn das steigende Engagement in Organisationen auf lokaler Ebene kommt direkten Dienst- und Hilfsleistungen zugute und wer einmal mitmacht, bleibt ja meist auch dabei...

Einfallsreich engagiert
Neue Einsatzorte konnten erschlossen und dadurch sogar neue Fördergeber motiviert werden, ein interessantes Beispiel: das Lerncafe der Caritas in Lustenau, das junge MigrantInnen durch Nachhilfe für den Schulabschluss unterstützt und dafür das Innenministerium als Fördergeber gewinnen konnte. Neue Formen im Einsatz von Freiwilligen wurden bekannter gemacht, zum Beispiel durch die Rot-Kreuz-Tagung im Dezember, die über Mikro-Volunteering und online-Engagement informierte.
Aber auch neue Fragen wurden aufgeworfen – von Jugendorganisationen, die mehr Schutz und Unterstützung für Freiwillige im Ausland fordern; von Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, die verlangen, keine bezahlten Arbeitsplätze dem Freiwilligenengagement zu opfern, von Hilfsorganisationen, die sich mehr Einsatz von Verantwortlichen anstelle „schöner Worte“ wünschen.
Was lässt sich noch an konkreten Veränderung erkennen? Die Freiwilligen-Szene wird heterogener, bekommt mehr kulturelle Vielfalt, darüber sind sich ForscherInnen einig. Akademisch gebildete Freiwillige nehmen ab (die Gründe und Konsequenzen dieser Entwicklung sollten konkret untersucht werden, das wäre doch interessant...), Engagement verändert seine Form, der Wertewandel bringt einen starkenneuen Drang nach Gemeinschaft mit sich.
Das Europäische Jahr 2011 entlässt uns vielfältig inspiriert, aber auch auf der Suche. Auf der Suche nach einer anderen Gesellschaft, wo nicht nur materielle Werte zählen, sondern der Zusammenhalt der Menschen eine neue Bedeutung erhält. Nicht zufällig widmet sich das nächste Europäische Jahr dem "Aktiven Altern und Solidarität zwischen Generationen".  Vom Füreinander zum Miteinander - ein fließender Übergang, der viele der 2011 entstandenen Ideen weiterentwickeln und fördern kann.
Von Herzen alles Gute für 2012!

Donnerstag, 29. Dezember 2011

Dumm oder edel?

Sind Menschen „dumm“, wenn sie „gratis“ arbeiten oder „edel“, weil sie sich für die Gesellschaft engagieren? Es ist eine Frage der Haltung, die darüber entscheidet. Die Haltung der Freiwilligen selbst natürlich, mit der sie ihre Motivation vermitteln, aber auch die Haltung der Organisationen, die Freiwilligenengagement herablassend oder aber mit Inbrunst managen sowie die Haltung des Staates, der von den erbrachten Hilfs- und Dienstleistungen ebenfalls profitiert.
Das Bild der Freiwilligen ist im Wandel begriffen, die Ehre alleine zählt nicht mehr. Wer wird in Zukunft freiwillig tätig? Nur jene, die Zeit haben, also ältere Menschen oder Menschen ohne Arbeit, wie viele befürchten? Dass arbeitslose Menschen andere Sorgen und daher andere Prioritäten haben als sich freiwillig zu engagieren, hat der Freiwilligenbericht ja aufgezeigt, aber auch die Gesetze sind streng, arbeitslose Menschen dürfen sich ja gar nicht engagieren, sonst verlieren sie ihre finanzielle Unterstützung... Also: Es bleiben die SeniorInnen, aber die wollen – soferne sie nicht ohnehin schon engagiert sind – meist gar nicht, auch das hat der Bericht klar gemacht.
Oder wird zukünftig ohnehin nahezu jeder Mensch freiwillig tätig, wie manche überzeugt sind, weil Unternehmen es theoretisch und praktisch befürworten, Gemeinden umfassend organisieren, Organisationen vielfältige Möglichkeiten bieten und der Staat es großzügig fördert?
Alles ist möglich. Europäische Jahre zeigen langfristige Wirkungen, nicht spektakulär, aber auf der konkreten Arbeitsebene. Als Vorbereitung für das Berufsleben steht Freiwilligentätigkeit bei jungen Menschen schon seit längerem hoch im Kurs, wenn dies besser abgesichert wird, hilft das den jungen Freiwilligen heute UND morgen. Dann verkommt es nicht zum demütigend Noch-immer-nichts-verdienen, sondern kann wieder von Freude und Ehre profitieren.

Mittwoch, 21. Dezember 2011

Spaß haben sie sicher

Wow. 35 Millionen Menschen in der EU sind in der Frewilligenarbeit im Sport aktiv. Machen die alle Bewegung, leben sie gesund und fit? Vielleicht nicht. Aber Spaß haben sie sicher, das geht aus den neuesten Zahlen und Berichten 2011 wohl hervor. Die Spezialausgabe zum Europäischen Jahr des Netzwerks "Sport & Citizenship - sport serving society" ist ein richtiger Ideenspender für Visionen zum Freiwilligen-Engagement!
Sport ist DER Sektor der Frewilligentätigkeit, und das ist gut so. Denn er trägt dazu bei, dass Menschen in neue Gemeinschaften integriert werden, was heut mehr denn je zählt. So sollte es denn zukünftig auch mehr Projekte zu Sportthemen geben, vor allem in den ESF-geförderten Regionen - wir sind dafür :-)
Anregungen? http://www.sportetcitoyennete.org/ versteckt hinter den Hürden von Englisch und Französisch richtige Schätze an spannenden Ideen oder auch die Städtepartnerschaft http://www.aces-europe.eu/, die vor allem Infrastruktur für Freiwillige im Sport - in ihren Städten natürlich - fördern will und dafür gute Einfälle spendet; dann noch eine lohnende Quelle: Trainingsmanagement von Freiwilligen im Sport : http://www.t4v.eu/ sowie http://www.volunteeringinsport.eu/ hier ließen sich übrigens auch interessante potenzielle PartnerInnen für europäische Freiwilligen-Sport-Projekte finden...

Montag, 19. Dezember 2011

Haben Sie ein altes Schloss?

Ich meine, ein historisch wertvolles Gebäude, das niemand renovieren will? Dann wäre es eine gute Idee, Cross Border Volunteering einzuführen, abgeschaut an einem konkreten Beispiel, präsentiert in der EJF-Konferenz im tschechischen Pilsen: In Zusammenarbeit mit Organisationen vor Ort findet interkultureller und internationaler Austausch in sogenannten work camps statt, in alten Schlössen, oft ohne Strom und Heizung. Jugendliches Engagement betätigt sich gemeinschaftlich und dem alten Bauwerk wird so neues Leben einflößt.
Auch andere "Gute Taten" geschehen in Kontakt mit dörflichen Gemeinschaften, wenn etwa ein Biospären-Projekt mit Aufforstung geplant wird: In diesem Fall reisten 12 Volunteers zwischen 22 und 26 Jahren an, setzten eine Baumschule an, bauten Zäune rund um kleinere Bäume zum Schutz vor zu früh knabbernden Tieren, führten Gespräche über Gott und die Welt und über Chancen und Grenzen von Freiwilligentätigkeit - keine langweiligen Lektionen, sondern echte Gesprächsrunden und Kreativ-Workshops, die nachhaltig Bewusstsein schaffen. Dann gingen die Jungen auch in Schule vor Ort - sinnigerweise in deren Englisch-Unterricht, und unterhielten sich mit der lokalen Jugend, die auf diese Weise eine interessante Englisch-Stunde erlebten :-) Abschließend setzten die Volunteers Statements und Fotos noch in den Rahmen eine Portrait-Ausstellung und verdeutlichten ihre Motivation für freiwilliges Engagement. Auch für die involvierten Gemeinden bedeutet so ein Projekt eine echte Bereicherung.
Für die Veranstalter liegt die Herausforderung eines solchen Unterfangens "...in der Vernetzung mit den lokalen Organisationen und Einrichtungen, aber auch der gewünschte Output ist zu überlegen und sorgfältig zu planen", sagt Anja Decker, Koordinatorin von Volunteer-Projekten. Der Phantasie für die Thematik sind dabei keine Grenzen gesetzt. Nächstes Jahr z.B. geht Anja mit ihren Jugendlichen aus aller Welt in eine Bibliothek...
http://www.inexsda.cz/en/en 

Samstag, 10. Dezember 2011

RK-Tagung in Krems: Zukunft, Trends und Motivation

Jetzt wird es spannend. Wie entwickelt sich die Landschaft der Freiwilligentätigkeit? Während auf europäischer Ebene die Frage nach dem „follow-up“ des Europäischen Jahres der Freiwilligentätigkeit hitzig diskutiert wird, findet auch in Österreich eine wichtige Debatte statt: Die Tagung „Neue Formen der Freiwilligkeit“ in Krems an der Donau beleuchtete nachfolgend den Ergebnissen der aktuellen Studie die Zukunft des ehrenamtlichen Engagements beim Roten Kreuz. Die Zeitfrage wird auch hier zur Herausforderung, Angebote für Mini-Volunteering, Freiwilligen-Engagement in Unternehmen oder online auf Knopfdruck…
Neue Freiräume und Möglichkeiten auf der einen Seite, weniger Verbindlichkeiten und schwierige Planung auf der anderen Seite, gar nicht einfach heute für Vereine, Freiwilligentätigkeit zu organisieren, erklärt der Experte für Zivilgesellschaft, Soziologe Eckhard Priller aus Berlin auf der Tagung. Aber auch in den Unternehmen verändert sich das Bild des Engagements. Prof. Theo Wehner von der Technischen Hochschule Zürich zeigt, wie komplex die Motive des gemeinnützigen Engagements von Unternehmen heute schon sind. Corporate Volunteering hat jedoch Tücken, wie die Expertin Barbara Furrer vom Kompetenzzentrum des Schweizerischen Roten Kreuzes deutlich macht: „Es muss wirklich interessant sein, putzen will keiner…“, so verstecken sich Freiwillige aus Unternehmen als Statisten bei Katastrophen-Übungen, helfen beim Umpacken von knapp 900 Tonnen (!) nicht-gebrauchten Weihnachtspaketen oder helfen als Senior Experts beim Suchen nach vermissten Personen.
All die guten Beispiele, aber auch das Aufzeigen von Schwierigkeiten und Lösungsansätzen, machen einfach Lust sich weiter zu engagieren, Gemeinschaft zu erleben und dabei auch etwas zu verändern in dieser Welt. „Rotkreuz-Batterien wieder voll aufgeladen“, schreibt IT-Meister Gerald Czech in sein facebook Tagebuch, und das klingt nach einem gelungenen Motivationsschub. Nachlese, äh Nachschau der Tagungsbeiträge auf Video: www.ustream.tv/channel/autcross Und der Blick auf die neueste RotKreuz-Studie: http://www.roteskreuz.at/berichten/aktuelles/news/datum/2011/12/05/studie-rotes-kreuz-und-feuerwehr-sind-die-bekannt/

Freitag, 9. Dezember 2011

PILSEN: mehr als nur BIER

Heute steht Pilsen im Blickpunkt. Den meisten Menschen durch das köstliche Pilsner-Urquell-Bier bekannt, setzt die Stadt mit 170.000 EinwohnerInnen dem Freiwilligen-Engagement ein Zeichen und veranstaltet einen europäische Workshop-Austausch, der in kleinen Vortrags-Häppchen interessante Beispiele des Europäischen Jahres der Freiwilligentätigkeit sichtbar macht. Der Schwerpunkt liegt auf Osteuropa, aber auch Österreich und Deutschland sind mit dabei, interessante Vergleiche entstehen auf diese Weise: Welche Gesetze behindern Freiwilligenengagement heute? Offensichtlich eine Menge:  „Muss das sein, dass ein Gulasch, das von unserem Verein am Land an ehrenamtlich Tätige verteilt wird, zur Abgabensteuer gerufen wird?“, fragt sich eine tschechische Freiwillige und der Vertreter des Innenministeriums nickt dazu verständnisvoll – er kennt die Problematik, und noch viele mehr. In den ehemals kommunistischen Ländern zählt Freiwilligenengagement noch zu den Jungpflanzen, das Verständnis für Ehrenämter ist noch am Wachsen, aber es wächst eben nicht gleichmäßig auf allen Ebenen!
Abends wird die Diskussion in der Brauerei fortgesetzt, interkulturelle Kompetenzen sind auch nach der Arbeit noch gefragt. Die tschechisch-österreichische Freundschaft wächst, gemeinsame Wurzeln von Großmüttern, Küche und Politik kommen zum Tragen. Dass dabei englisch gesprochen wird, gibt Zeugnis über die geschichtliche Entwicklung – der frühere Feind wird über Dritte zum neuen Freund.
Ein Blick auf die Seite des tschechischen Freiwilligen-Jahres (mit Empfehlung, sich den kurzen Video-Spot anzuschauen, den das nationale Fernsehen dort für das Land beigesteuert hat und der super schnell so viele Facetten der Freiwilligenarbeit sichtbar macht, dass es sich lohnt, ihn mehrmals anzuschauen. 90-Mal läuft er im tschechischen Fernsehen, da muss ja etwas hängenbleiben in der Öffentlichkeit über das Thema Freiwilligen-Engagement: www.dobrovolnik.cz
Ach ja, und morgen machen wir einen Blick nach Krems, wo dieser Tage die Tagung zur Zukunft des Freiwilligenamtes beim Roten Kreuz stattfindet...

Countdown 2011

Er kommt näher, der letzte Tag des Europäischen Jahres, das der Freiwilligentätigkeit gewidmet wurde. Allerorts wird bereits nach Ergebnissen gefragt, Rückblick gewagt oder Resümee eingefordert. Was hat sich verändert – hat sich etwas verändert? Welche Ziele wurden erreicht, wo hat sich etwas positiv weiter entwickelt, was wurde langfristig angelegt und wo waren Erwartungen vielleicht zu hoch gegriffen? Über eines herrscht wohl Einstimmigkeit: Aufmerksamkeit für den Themenbereich des Freiwilligen-Engagements wurde erzeugt, die wahren Hindernisse – pardon – Herausforderungen, wurden sichtbar.
Die Organisation der Bergrettung zum Beispiel, brachte viele der aktuellen Hindernisse für Freiwilligenengagement auf den Punkt: „Wir wollen nicht (nur) gelobt werden!“ Franz Lindenberg & Gerald Lehner fordern in ihrem Aufruf, dass der Staat mehr tun müsste als nur zu loben. Und zählen auf, wo es Potenzial zur Verbesserung gäbe: Steuerliche Absetzbarkeit von Ausgaben für das „Ehrenamt“, Steuerfreiheit für Aufwandsentschädigungen an Freiwillige oder nebenberufliche Tätigkeiten im Auftrag gemeinnütziger Vereine, Unterstützung von freiwillig engagierten AlleinerzieherInnen, Freistellung von Beamten zum Einsatz in der sozialen Arbeit und Ermöglichen von Fehlzeiten engagierter MitarbeiterInnen in Unternehmen, Anrechnung von Versicherungszeiten für die Pensionierung – die Liste ist lang, aber anhand der eindrücklichen Beispiele aus dem Leben der BergretterInnen gut nachvollziehbar.
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob und wie die Nachdrücklichkeit der Forderungen im Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeit die EntscheidungsträgerInnen tatsächlich erreicht hat. Zur Nachlese des Bergrettungs-Beitrages: www.ngo.at/ejf/Bergrettung.pdf